Heinrich-Coerper-Weg 11, 75378 Bad Liebenzell
inkl. Praxistag zur "Existentiellen Psychotherapie" am 18. Oktober 2025
Näheres unter www.skip.afpp.de
Nächste Forschungstagung des aef am 7.+8. November 2025 im Forum Vinzenz Pallotti, Vallendar
RÜCKBLICK:
Spiritualität in Psychotherapie, Beratung und Seelsorge - Gnade und Vergebung –
Impressionen zur AeF Tagung am 20./21. Oktober 2023 in Butzbach/Hessen
Unter dem Leitthema „Gnade und Vergebung“ fand die inzwischen 24. Arbeitstagung des Arbeitskreises <Empirische Forschung zu Glaube, Psychotherapie und Seelsorge> (AeF) am 20./21. Oktober in Butzbach statt. Als gastgebende Stätte fungierte 2023 das dortige Johanniterhotel.
Gespannt hatten wir die Resonanz auf unseren „Call for Papers“ erwartet, insbesondere die Reaktion von Jungwissenschaftlern im Bereich der o. g. empirischen Forschungsdomäne. Während in den USA religionspsychologische Forschung einen großen und stetig wachsenden Stellenwert einnimmt, ist das wissenschaftliche Netzwerk im deutschsprachigen Raum noch mehr oder weniger ‚überschaubar‘. Auch die Anmeldungen seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmern blieben bis zuletzt eine „Sache des Glaubens“. Mit dann ca. 50 Teilnehmenden war es eine sehr bereichernde Tagung.
Als Leitgedanke hatten wir mit „Gnade und Vergebung“ ein eher seelsorgerisches Thema bzw. spirituell-psychotherapeutisches Thema ausgesucht, zudem es zahlreiche empirische Forschungsbeiträge im angelsächsischen Sprachraum gibt.
Als Online-Keynote hatten wir darum für den Freitag Prof. Dr. Everett Worthington (Virginia Commonwealth University, USA) gewinnen können. Er gab uns anhand seiner und anderer Forschungen einen fundierten Überblick über die Ergebnisse zu diversen Aspekten von <Vergebung> und deren Praktischen Schlussfolgerungen. (Lit.: Worthington, E.I. Jr. & wade, NG. (Eds.) (2020). Handbook of forgiveness. 2nd. Ed. Routledge)
Beeindruckend waren v.a. die dargestellten Ergebnisse der Vergebungs-Forschung bezüglich des gesundheitlichen Wohlbefindens und in der Anwendung auf psychoedukative (Selbstmanagement) Vergebungs-Gruppen: Die Effektivität von REACH Forgiveness Gruppen speziell für Christen war vergleichbar effektiv mit säkular gestalteten 5-Schritte (REACH) Gruppen sowohl für Christen als auch säkular orientierte. Insgesamt wurde das spirituelle Interesse von E. Worthington am Thema Vergebung angewandt auf die unterschiedlichsten Gegebenheiten und sozialen Gruppen (Individuen, Paare, Familien, Regionen und Nationen) spürbar und sichtbar.
Der Samstagmorgen wurde von Dr. med. Herbert Scheiblich eingeleitet mit einem Impuls zum Thema, Alfred Adler zitierend „Alles Handeln soll so geschehen, dass es von Hoffnung (Spes) und Ewigkeit (aeternitas) als Blickwinkel geprägt ist.“ Zur Einstimmung in den Tag verhalf auch die AeF Band mit geistlichen Liedern.
Den Reigen der Vorträge eröffnete Prof. Dr. Christian Neddens (Systematische Theologie, Oberursel) mit seiner Analyse der „Ambivalenzen des theologischen Konzepts der <Gnade>“: Was meinen wir, wenn wir von <Gnade> sprechen? Nur der Höhergestellte kann schließlich begnadigen, es besteht also ein Gefälle im Erbarmen einer höhergestellten zu einer geringeren Person. Wichtig ist im Gnadenverständnis – so Christian Neddens – auch der Aspekt der Schuldanerkenntnis im Appell des Empfängers an die Barmherzigkeit des höhergestellten Gnadengebers. Dieser kann als Gabe Schuld vergeben und den Schuldner freisprechen. Über „Gnade als theologischer Begriff“ und „Gegenwartsbezogenes Verständnis der <Gnade>“ schloss der Referent mit Gedanken zur Relevanz im therapeutischen Kontext.
Den Vormittag setzte Prof. Dr. Mathias Allemand (Universität Zürich, Schweiz) fort mit seinen Forschungen aus dem Bereich Persönlichkeitsentwicklung und gesundem Altern, für uns mit dem Schwerpunkt „Vergeben über die Lebensspanne“. Er nahm in seinem Vortrag dabei Bezug auf die Persönlichkeitseigenschaften, die in der Reaktion auf interpersonale Verletzungserfahrungen in der Bewältigung hilfreich sind, Verzeihen zu fördern. Umfangreiche Untersuchungen aus dem amerikanischen Raum als auch eigene empirische Daten belegten das Faktum „Verzeihen als Veränderungsprozess“ in Relation zu Persönlichkeit und Lebensentwicklung. An der Uni Zürich hat er hierzu mit anderen eine digitale Coaching App entwickelt.
Zum Abschluss der Tagung wurde von Dr. René Hefti (FISG, Research Fellow Uni Basel) noch eine sehr kompakte „Übersicht über empirische Konzepte und Forschungsergebnisse zur Gnade“ gegeben.
Zu den eindrücklichen Erlebnissen auf der Forschungstagung gehörte auch die persönliche Forschungsleidenschaft, die beim Pre-Workshop am Freitag in allen vier präsentierten Abstracts zu verschiedenen Themen in „Spiritualität & Psychotherapie“ ersichtlich wurde.
Auch in den wissenschaftlichen Kurzbeiträgen zu Doktorarbeiten der Referenten (s. Flyer zur Tagung) am Samstagnachmittag zeigten sich die Nachwuchsforscher höchst engagiert und kompetent.
Die Resonanz zu den praxisorientierten Workshops am Samstagnachmittag war sehr positiv.
Mein Fazit: Eine durch und durch lohnenswerte Forschungstagung mit vielen Anregungen für eigene Forschungsprojekte und die Integration von Spiritualität in Psychotherapie und Beratung.
Rainer Oberbillig, Dipl.-Psych., Mitglied des AeF
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Quellen Bilder (M. Allemand / Chr. Neddens / R. Hefti), Rest privat
https://www.dynage.uzh.ch/de/team/profs/mallemand.html
Keynote von Prof. Dr. Everett Worthington (Richmond, Virginia, USA) von Freitag 20.10.2023
„An Overview on Forgiveness Research and its Practical Implications“
im Rahmen der Forschungstagung zu "Gnade und Vergebung"
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Aufbau des Videos:
00:00 Begrüßung zur Tagung durch Dr. med. Herbert Scheiblich
03:25 Einleitung zum Onlinevortrag durch Dr. med. René Hefti
07:47 Vortrag von Prof. Dr. Everett Worthington
Wissenschaftliche Kurzbeiträge
Quantitative Forschung zu Gesundheitskompetenz und Spirituellen/Religiösen Kompetenzen“ – B.Sc. Psych. und Mag. Theol. Birthe Fritz
Vorstellung von Forschungsprojekten im Rahmen des Pre-Workshops
Der Einfluss religiöser/spiritueller Hintergründe von (Wartelisten-)Klient*innen auf ihre Erwartungen bezüglich der kommenden Psychotherapie - B.A.-Arbeit Psychologie Marco Schäufele
Zur Integration von Spiritualität in die Kinder- und Jugendpsychiatrie und-Psychotherapie - Dr. med. lic. theol. H.-R. Stucki, KJ-Psychiatrie und -Psychotherapie FMH
Powerpoints jeweils mit Klick auf den Button links abrufbar, ggf. mit rechter Maustaste "in neuem Tab öffnen" auswählen
Nach zwei größeren Veranstaltungen zum Religionspsychologischen Schwerpunkt „Empirische Forschung zu Christlicher Glaube, Seelsorge und Psychotherapie“ in Marburg (2020/21) war die Zeit reif geworden für ein neues Format. Der Werkstattcharakter sollte Raum für noch im Prozess befindliche Forschungsprojekte zum Thema bereitstellen, auch eine Plattform für Nachwuchswissenschaftler anbieten. Gespannt erwarteten wir die Resonanz auf unseren „Call for Papers“. Auch die unsichere Gesetzeslage bezüglich der Corona-Maßnahmen zum Herbst hin trug zu einer Ungewissheit bei: Kann die Forschungswerkstatt in Präsenz stattfinden? Rückblickend bleibt nur dankbar festzustellen, der mutige Einsatz für die Weiterentwicklung empirischer Forschung hat sich gelohnt! Die Internationale Hochschule Liebenzell (IHL) war ein sehr entgegenkommender Gastgeber, an dieser Stelle gebührt ausdrücklicher Dank!
Das von einzelnen Forscherinnen und Forschern gestaltete Programm erwies sich als recht abwechslungsreich und inspirierend. Dazu zählte eine interaktive Auseinandersetzung mit einer „radikalen Fallanalyse (qualitative Methode) einer individuellen Glaubenswelt“, vorgestellt von Prof. Stefan Huber in seinem Workshop. Von Jana Küchler bekamen wir am Folgetag dann einen Einblick in ihr Promotionsprojekt am Beispiel der „individuellen spirituellen Heilungserfahrung“ der betreffenden Auskunftsperson. Ergänzend stellte M. Ackert „individuelle Religiositätsstrukturen im Zeitverlauf“ vor; dabei handelte es sich um quantitative Darstellungen aus dem Forschungsprojekt „Religiöse/Spirituelle Wendepunkte“ des Instituts für Empirische Religionsforschung Uni Bern.
Die Themenreihe blieb bunt: Von einem Masterstudienprojekt „Seelsorge an psychisch Kranken und Seelsorgevernetzung“ bis zum Promotionsprojekt „Spiritueller (Macht) Missbrauch in evangelischen Kirchen und Freikirchen“ – von einem Forschungsvorhaben „Gottessymbolisierungen in der religiösen Entwicklung und dem kulturellen Kontext“ bis zur Studie „Sorge und Sinn in Zeiten schwindender Sicherheit – Textanalysen von V. Frankl und D. Bonhoeffer“. [1]
Der quasi ‚familiäre‘ Charakter der Forschungswerkstatt wurde von allen Projekt Protagonisten sehr geschätzt. Er bot eine willkommene Möglichkeit zu vertiefter, wohlwollender Diskussion und/oder konstruktivem Feedback, die eigene Studienarbeit zu reflektieren. Somit wurde die Vielfalt der empirischen Zugänge zu religiösen Glaubenswelten widergespiegelt. Übereinstimmendes positives Abschlussfeedback zur Forschungswerkstatt war der Wunsch nach einer Neuauflage dieses Formats und nach einer besseren Vernetzung.
Rainer Oberbillig, Dipl.-Psych.
Mitglied des AeF
[1] Name der Akteure: s. nachfolgendes Programm der 1. Forschungswerkstatt
Samstag 15. Oktober 2022
Vorstellung von Projekten mit jeweils anschließender Diskussion Teil 1
Kaffeepause
Mittagessen und Pause
Vorstellung von Projekten mit jeweils anschließender Diskussion Teil 2